Die Taube

Die Taube
Die Taube

Die Taube, Daniel Haag-Wackernagel, Schwabe & Co. AG Verlag Basel, 1998 

 

 Dieses großartige Sachbuch lässt wenige Fragen zum Thema „Tauben“ offen. Daniel Haag-Wackernagel ist ein profunder Kenner der Materie. Ausführlich erklärt er so ziemlich alles, was es über Tauben zu wissen gibt: Man erfährt, wie groß die Tauben-Familie ist, und wo ihre verschiedenen Mitglieder herstammen. Vor allem geht es natürlich um die Felsentaube, die die Stammform unserer heimischen Haus-, Feld- und Stadttauben ist. Wir erfahren, wo der ursprüngliche Lebensraum der Felsentaube war, und wie sie zum Menschen kam. In der Tat begleitet die Taube den Menschen seit Jahrtausenden und hat lange Zeit eine hohe Wertschätzung durch den Menschen erfahren, da er sie in vielerlei Hinsicht nutzte: Als Nahrungsmittel, als Düngerproduzentin, als Brieftaube, und nicht zuletzt als hochgeschätztes Haustier, an dessen ansprechendem Äußeren, freundlichem Wesen und außerordentlichen Flugeigenschaften man sich erfreute. Die Taube erfuhr unter anderem deswegen so hohe Wertschätzung, da sie, obwohl als Haustier gehalten, zum Teil selbständig für ihren Lebensunterhalt sorgt. Auch war der Mensch von einem Tier sehr angetan, dessen Eigenschaften er züchterisch so stark seinen eigenen Wünschen anpassen konnte: Tauben kommen in unendlich vielen Variationen vor, die alle aus der unscheinbaren Felsentaube erzüchtet wurden.

Daniel Haag-Wackernagel geht ausführlich darauf ein, welche vielfältigen symbolischen Bedeutungen die Taube im Lauf der Jahrhunderte für den Menschen angenommen hat. Wegen ihres zärtlichen Geturtels symbolisierten die Tauben natürlich schon immer die Liebe; bekannt ist weiter ihre Bedeutung als Symbol des Heiligen Geistes im Christentum. Leider mussten die Tauben in früheren Zeiten auch für zweifelhafte Heilmethoden herhalten und wurden so Opfer menschlichen Aberglaubens. In der Tat scheinen Tauben als Projektionsfläche für jegliche menschliche Emotion geeignet zu sein, angefangen bei der tiefsten Verehrung, bis zum verzweifelten Hass. Man fragt sich, woran das liegen könnte. Daniel Haag-Wackernagel geht ausführlich auf den Bedeutungswandel ein, den die Taube in der Wertschätzung des Menschen erfahren hat. Er nimmt an, dass es etwas mit der großen Anzahl der Tauben zu tun hat: Deren Fruchtbarkeit und Vitalität sind dem Menschen ebenso suspekt wie deren Lebensgewohnheiten, die den unseren so ähneln. Daniel Haag-Wackernagel hat in Basel ein Projekt zur Betreuung der Stadttauben initiiert, durch das die übermäßige Vermehrung der Stadttauben unter Kontrolle gehalten werden kann. Dieses dankenswerte Vorbild macht mittlerweile in anderen Städten Schule, wodurch sowohl den Menschen als auch den Tauben gedient ist. Tauben gleichen uns nicht nur in ihren Lebensgewohnheiten, sondern auch im Sozialverhalten, und sie haben ein freundliches Wesen: Trotz aller Ablehnung, die sie durch den Menschen erfahren, suchen sie immer noch unsere Nähe. In der Tat hätten sie eine größere Wertschätzung verdient. Schade, dass es dieses überaus fundierte und sorgfältig ausgestattete Buch nur noch antiquarisch gibt. Für jeden, der am Thema interessiert ist, stellt es eine Fundgrube an Informationen dar.  

 

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